Zertifizierungskriterien

Merkmale zur Strukturqualität von Parkinson-Fachkliniken als Voraussetzung zur Zertifizierung


Einleitung

Die vorliegende Kriterienliste definiert Merkmale zur Strukturqualität, die Grundlage einer Anerkennung und Zertifizierung von Kliniken als Parkinson-Spezialkliniken durch die dPV darstellen. Sie beziehen sich ausdrücklich auf Krankenhäuser und Rehabilitationseinrich-tungen, die ein spezielles diagnostisches und therapeutisches Angebot für Parkinson-Patienten und verwandte Krankheiten vorhalten. Die ambulante Versorgung sowie die Versorgung von Parkinson-Patienten in neurologischen Fachabteilungen anderer Kranken-häuser bleiben hiervon unberücksichtigt.

Dauer des Zertifikates

Das Zertifikat wird für 3 Jahre von der dPV erteilt und kann auf Antrag der jeweiligen Einrichtung nach erneuter Überprüfung jeweils für 3 Jahre verlängert werden. Die Zertifizierung kann im Wege der Überprüfung und Zertifizierung nach KTQ oder DIN EN ISO 9001:2000 geprüft werden.

A. Kliniken

A.1 Mindestzahlen

Parkinson-Kliniken sollten eine Mindestzahl von Betten vorhalten und eine Mindestzahl von Behandlungsfällen haben.

A.1.1 Mindestzahl Betten 30

A.1.2 Mindestzahl von Behandlungsfällen 350 pro Jahr

A.2 Bauliche Gestaltung

A.2.1 Bauliche Gestaltung muss behindertengerecht sein.

A.2.2 Gemeinschaftsräume sind separat auszuweisen.

A.2.3 Ein Patienten gerechtes Wegeleitsystem ist vorhanden.

A.2.4 Es gibt zusätzliche Versorgungsangebote (z.B. Friseur, Nagelservice, Wäscheservice etc.)

A.3 Diagnostische Ausstattung

Eine ausreichende diagnostische Ausstattung auf neurologischen, internistischen und radiologischen Fachgebiet ist evtl. in Kooperation mit benachbarten Fachabteilungen oder operierenden Partnern vorzuhalten.

A.3.1 Evozierte Potentiale

A.3.2 EEG

A.3.3 EMG/NLG inkl. Tremoranalyse

A.3.4 Dopplersonographie

A.3.5 Röntgendiagnostik möglich

A.3.6 Abdominelle Sonographie möglich

A.3.7 Notfalllabor 24 Std. möglich

B. Patientenbehandlung

B.1 Behandlung

Durch die Zertifizierung als Parkinson-Spezialklinik soll eine optimale Behandlung von Parkinson-Patienten unter Einbeziehung der Angehörigen sichergestellt werden. Hierzu sollten folgende Merkmale erfüllt sein:

B.1.1 Es finden werktägige Visiten statt.

B.1.2 Die Behandlung der Patienten wird mindestens wöchentlich durch Chefarzt/Oberarzt-visiten kontrolliert und überprüft.

B.1.3 Eine umfassende Versorgung der Patienten im Fall eines Notfalls ist gegeben (z.B. Notfallmanagement, Reanimationsschulungen, Kooperationen mit in der Nähe liegenden Krankenhäuser etc.)

B.1.4 Der Umgang mit Medikamenten und Medikationen erfolgt geregelt (Maßnahmen zur Stellsicherheit, Ausgabe der Medikamente; Versorgung am Entlasstag etc.)

B.1.5 Sturzmanagement bezogen auf Parkinson-Patienten wird durchgeführt (Eingruppierung, Erfassung, Beurteilung, Verhinderung von Stürzen)

B.1.6 Ein Schluckmanagement bezogen auf Parkinson-Patienten wird durchgeführt (geeignete Diagnostik, geeignete Kostform, Hilfsmittel, Behandlung der Schluckstörung)

B.1.7 Ein System zur Wundversorgung wird betrieben (Dekubitusprophylaxe, -behandlung).

B..1.8 Regelmäßige Schulungen der Patienten und Angehörigen zu spezifischen Themen der Erkrankung (z.B. zum Thema Tiefenhirnstimulation, Pumpen, Umgang mit der Krankheit etc.) werden mindestens wöchentlich durchgeführt.

B.1.9 Individuelle sozialrechtliche Beratung von Patienten und Angehörigen ist gegeben.

B.1.10 Eine Hilfsmittelberatung speziell auf die Bedürfnisse von Parkinson-Patienten findet statt.

B.1.11 Der Erfolg wird nach Beendigung der Behandlung erfasst und ausgewertet, Standard hierfür ist die UPDRS.

B.1.12 Es gibt ein Datenschutzsystem

B.2 Therapeutisches Angebot

In den Kliniken muss ein umfassendes therapeutisches Angebot vorgehalten werden, das angepasst an die jeweilige Krankheitsschwere für alle Patienten zur Verfügung steht, Das therapeutische Angebot muss als Mindeststandard Physiotherapie, physikalische Therapie, Ergotherapie und Logopädie sowie Psychologie/Neuropsychologie umfassen. Darüber hinausgehende Angebote wie Musiktherapie, Entspannungstechniken etc. sind wünschenswert.

Jeder Bereich muss eigene Therapieräume vorweisen.

B.2.1 Physiotherapie vorhanden

B.2.2 Physikalische Therapie vorhanden

B.2.3 Ergotherapie vorhanden

B.2.4 Logopädie vorhanden

B.2.5 Psychologische/Neuropsychologie vorhanden

B.2.6 Weitere Begleittherapien vorhanden

B.2 7 Individuelle Begleittherapieplanung wird für jeden Patienten erstellt.

B.2 8 Das dokumentierte begleittherapeutische Mindestangebot für stationäre Patienten liegt …..

Bei der POS-Version 2006 bieten sich 3 verschiedene Behandlungskonzepte an

1. 8550 Geriatrische Frührehabilitative Komplexbehandlung

2. 8559 Fachübergeifende und andere Frührehabilitation

3. 8560 Physikalisch-medizinische Komplexbehandlung

Hier muss noch über die damit verbundenen Therapieanzahl und -zeiten entschieden werden.

B.3 Versorgung

Im Hinblick auf die Multimorbidität werden auch an die Versorgung der Patienten ver-schiedene Anforderungen gestellt.

B.3.1 Wahlmöglichkeit beim Essen

B.3.2 Spezielle Kostformen, insbesondere Schluckstörungen berücksichtigen

B.3.3 Diätberatung für Patienten und Angehörige

C Personelle Ausstattung

C.1 Ärztliche Leiterin/Leiter

Chefärzte/-ärztinnen (bzw. ltd. Ärztin/Arzt) müssen über die Anerkennung als Facharzt für Neurologie oder als Nervenarzt verfügen. Sie müssen nachweislich Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des extrapyramidalen Systems besitzen. Diese müssen deutlich über dem Standard fachärztlich neurologischen Fach-wissen hinausgehen. Die ärztlichen Leiterinnen/-Leiter müssen mit den neuesten Entwicklungen in Epidemiologie. Krankheitsursachen, Diagnostik und Therapie auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, gemessen am internationalen Niveau vertraut sein.

Die Leite/-innen der Spezialkliniken müssen vor Übernahme der Leitungsfunktion über eine umfassende Ausbildung in einer Klinik verfügen, die nachweislich schwerpunktmäßig mit Morbus Parkinson und anderen Erkrankungen des extrapyramidalen Systems befasst ist.

Erfahrungen in rehabilitativer Medizin auf dem Gebiet der Bewegungsstörungen sind wünschenswert, Die Ableistung eines Teils der Ausbildung an eine universitären Einrichtung mit o.g. Schwerpunkten ist in diesem Rahmen wünschenswert, jedoch nicht Bedingung.

Der Leiter/-in einer Parkinson-Spezialklinik muss sich regelmäßig und nachweislich auf nationalen und internationalen Fachtagungen zum Thema Morbus Parkinson weiterbilden. Eine wissenschaftliche Qualifikation des Leiter / Leiterin mit eigener Forschungs- und Publikationstätigkeit auf dem Gebiet extrapyramidaler Erkrankung ist wünschenswert, jedoch nicht Bedingung. Die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit an wissenschaftlichen Projekten und Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen sollten vorhanden sein.

C.1.1 Qualifikation als Facharzt für Neurologie / Nervenarzt gegeben

C.1.2 Nachweis von mindestens 2 Jahren Ausbildung an einer Schwerpunktklinik für Bewegungsstörungen

C.2 Ärztlicher Dienst

Der Ärztliche Dienst der Klinik muss nachweislich Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der Diagnostik und Therapie von Erkrankung des extrapyramidalen Systems besitzen. Eine ärztliche Präsenz muss in der Klinik 24 Stunden vorgehalten werden, eine fachärztliche Rufbereitschaft muss vorhanden sein.

C.2.1 Der Stellvertreter des Chefarztes muss ebenfalls Neurologe/Nervenarzt sein.

C.2. Spezialkenntnisse für Bewegungsstörungen sind vorhanden.

C.2.3 Ärztliche Präsenz ist über 24 Std./tgl. gegeben

C.2.4 Eine fachärztliche Rufbereitschaft besteht.

C.2.5 Die internistische Versorgung von Patienten ist sichergestellt.

C.2.6 Eine kardiologische Versorgung von Patienten ist sichergestellt.

C.2.7 Eine psychiatrische Versorgung von Patienten ist sichergestellt.

C.3 Pflegekräfte

Pflegekräfte (Fachqualifikation Krankenpflege, Gesundheits- und Krankenpfleger/in) sind in ausreichender Anzahl vorzuhalten. Kenntnisse über Erkrankungen des extrapyramidalen Systems, die über den üblichen pflegerischen Wissensstand dieser Erkrankung hinausgehen, müssen deutlich sein. Mit den speziellen Problemen der Erkrankung in fortge-schrittenen Stadien, wie z.B. Fluktuation, Dyskinesien, autonomen Funktionsstörungen und psychoorganischen Funktionsstörungen ist der Umgang vertraut und die sich aus diesen Funktionsstörungen ergebenden pflegerischen Probleme werden beherrscht.

Die pflegerische Vollversorgung muss für alle Patienten 24 Stunden verfügbar und gewährleistet sein.

C.3.1 Eine fachqualifizierte Krankenpflege ist über 24 Stunden täglich präsent.

C.3.2 Ein Fort- und Weiterbildungskonzept für den Pflegedienst ist vorhanden.

C.4 Psychologie/Psychotherapie

In den Kliniken ist ein psychologische /psychotherapeutische/neuropsychologischer Dienst vorzuhalten. Zu den Aufgaben des psychologischen Dienstes gehört die neuropsycholo-gische Untersuchung der Patienten sowie in Kooperation mit dem ärztlichen Dienst die Durchführung therapeutische Maßnahmen. Der psychologische Dienst muss ebenso wie die anderen Dienste über einschlägige Fach- und Spezialkenntnisse sowie eine spezielle Aus- und Weiterbildung verfügen.

C.4.1 Ein psychologischer Dienst wird vorgehalten

C.4.2 Ein Fort- und Weiterbildungskonzept für den psychologischen Dienst ist vorhanden.

C.5 Therapeuten

Die Mitarbeiter der therapeutischen Abteilungen müssen mit den speziellen Problemen der Erkrankung auch in fortgeschrittenen Stadien, wie z.B. Fluktuationen und Funktions-störungen vertraut sein und die sich aus diesen Funktionsstörungen ergebenden Probleme beherrschen. Die leitenden Mitarbeiter des therapeutischen Teams sollten über eine Ausbildung oder spezielle Weiterbildung in eine Parkinson-Spezialeinrichtung verfügen. Regelmäßige Weiterbildung muss gesichert sein.

C.5.1 Ein Fort-und Weiterbildungskonzept für den therapeutischen Dienst vorhanden.

D Öffentlichkeitsarbeit

Aufgabe der Parkinson-Fachklinik ist es, in Zusammenarbeit mit der dPV die medizinische Versorgung von Parkinson-Patienten optimal zu gestalten. Hierzu sind im Interesse der Beteiligten alle Maßnahmen zu ergreifen, um durch Patientenseminare, Fortbildungen für Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten das Wissen und die Möglichkeiten der Behandlung weiterzutragen. Durch entsprechende Kooperationen soll dies dokumentiert werden.

D.1 Es findet ein Zusammenarbeit mit den Fachverbänden (z.B. dPV) statt.

D.2 Fortbildungen für externe Ärzte werden angeboten.

D.3 Patientenseminare / Vorträge für Patienten und Angehörige werden mindestens wöchentlich im Haus durchgeführt.

D.4 Vorträge für Fachöffentlichkeit, Patienten und Angehörige werden extern durchgeführt.

D.5 Fachspezifisches Informaterial wird zur Verfügung gestellt.

E Qualitätsmanagement

Um die Behandlungsqualität in den zertifizierten Kliniken sicherzustellen, ist das Zertifikat auf eine Laufzeit von 3 Jahren beschränkt. Durch entsprechende Maßnahmen ist klinikintern sicherzustellen, dass die Arbeitsqualität laufend kontrolliert wird.

E.1 Patientenbeschwerden werden systematisch bearbeitet.

E.2 Regelmäßige Patientenbefragungen finden statt.

E.3 Ein Ansprechpartner für Patientenwünsche und Beschwerden benannt.

Abschlussklausel

Die o.g. Merkmale werden als Grundlage zur Zertifizierung von Kliniken als Parkinson-Spezialkliniken durch die dPV und die leitenden Ärzte der Parkinson-Fachkliniken angesehen. Im Hinblick auf eine zukünftige Anpassung dieser Kriterien wird vereinbart, dass evtl. Änderungen dieser Kriterien durch ein Gremium getroffen werden können, welches aus je einem Vertreter der dPV, und des Vereins der leitenden Ärzte der Parkinson-Fachkliniken gebildet wird.

Prinzipiell erfolgt die Zertifizierung jedoch durch einen externen unabhängigen Zertifizierer.

Dr. med. J. Durner